„Saures“ für die bz – Wiener Bezirkszeitung

Fotocredit: Nini Tschavoll

In einer Stellenausschreibung der bz – Wiener Bezirkszeitung heißt es: „Die bz – Wiener Bezirkszeitung ist DAS Medienunternehmen für lokale Nachrichten. Wir sind Teil des Netzwerkes der Regionalmedien Austria AG – ein österreichweiter Arbeitgeber in einer spannenden Branche mit interessanten Tätigkeitsfeldern.“

Für Wien sucht der Konzern gerade eine frei_e Redakteur_in. Gefordert werden „Freude am Schreiben, ein Gespür für gute Geschichten“, sowie „großes Interesse am lokalen Geschehen“. Man soll „informative Artikel, interessante Interviews, spannende Fotos, Beiträge über Pressekonferenzen“ sowie „Berichte von lokalen Veranstaltungen“ bieten. Dafür gibt es eine „erfolgsorientierte Entlohnung“.
„Erfolgsorientierte Entlohnung“ ist Neusprech für Werkvertrag. Welche Art von Werkverträgen der Konzern anbietet, ist in der Stellenausschreibung nicht zu lesen. Kein Wunder. Denn die von der RMA ausgestellten Werkverträge haben es durchaus verdient, zum „Schandfleck der Woche“ erklärt zu werden.

Sehr bewusst ködert der Konzern junge Kolleg_innen, die einen Einstieg in die Branche suchen. Oder es wird auf Personen abgezielt, die nach einem Wiedereinstieg ins Berufsleben suchen. Das Honorar für eine veröffentlichte Druckzeile liegt bei der bz bei 0,36 Euro. Für ein veröffentlichtes Foto gibt es 13,60 Euro.

Freie Mitarbeiter_innen werden gezwungen, eine vorgefertigte Honorarnote auszufüllen. Teil dieser Honorarnote ist unter anderem eine Rechtsbelehrung in welcher unter anderem zu lesen ist: „Mit meiner Unterschrift übertrage ich die ausschließlichen und zeitlich, räumlich und inhaltlich uneingeschränkten Werknutzungsrechte an allen von mir im Rahmen des dieser Rechnung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses an die bz Wiener Bezirkszeitung GmbH (…).“

Und weiter: „Die Rechteeinräumung umfasst insbesondere (aber nicht nur) die – auch wiederholte – Verwendung und Veröffentlichung der Text- und/oder Bildbeiträge in allen RMA-Medien (…) deren Bearbeitung und/oder allfällige Übersetzung sowie deren Weitergabe an Dritte einschließlich des Rechts, Dritten ebenfalls die zuvor bezeichneten Rechte einzuräumen.“

Die RMA maßt sich also eine zeitlich und räumlich uneingeschränkte Verfügbarkeit über alle ihr zur Verfügung gestellten Materialien an. All dies für 0,36 Euro pro Zeile. Erscheint ein Text zunächst in der Printausgabe und wird er dann online gestellt, gibt es für die Onlineveröffentlichung kein Geld. Werden Fotos eines Artikels später wieder verwendet, gibt es dafür kein Geld. Seit mindestens zehn Jahren ist dieser Zeilensatz nicht erhöht worden. Kein Wunder: Die Bezirkszeitung und ihr Mutterkonzern RMA sind an keinen Kollektivvertrag gebunden. Auch gibt es keinen Betriebsrat. Dabei steckt hinter der RMA ordentlich Kapital: Die Eigentümerinnen sind die Moser Holding und die Styria Media Group AG. Während die Moser Holding überregional vor allem für die Herausgabe der „Tiroler Tageszeitung“ bekannt ist, steht die Styria für die Herausgabe der Tageszeitung „die Presse“.

Während das Unternehmen sich alle Rechte angelt, haben die freien Mitarbeiter_innen die Herumrennerei. Sie müssen von Woche zu Woche selber nachprüfen, ob von ihnen geschriebene Artikel überhaupt erschienen sind. Eine Mitteilung über eine erfolgte Veröffentlichung gibt es vom Verlag nicht. Hat man also einmal einen veröffentlichten Artikel übersehen und ihn deshalb nicht in der Honorarnote angegeben – Pech gehabt. Auch sonst ist in Sachen Transparenz Fehlanzeige. Es ist mehr oder weniger Zufall ob ein_e freie Autor_in herausfindet, dass man für ein Coverfoto „immerhin“ 25 Euro bekommt.

Die Arbeitsbedingungen bei den Unternehmen der RMA gehören viel stärker als bislang in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Vielerorts haben RMA-Blätter wie die bz – Wiener Bezirkszeitung ein Monopol auf Lokalberichterstattung und greifen Themen auf, die in anderen Medien aufgrund ihres Lokalbezugs nur wenig Aufmerksamkeit finden würden. Es ist schon lange überfällig, dass die RMA beginnt, diese wichtige Arbeit ihrer Mitarbeiter_innen zu würdigen. Und zwar mit Geld, nicht nur mit schönen Worten.