Manifest der Freien

Unsere deutschen Freischreiber-KollegInnen haben eine Initiative gestartet, die wir voll unterstützen.

Im "Manifest der Freien" appellieren wir Freischreiber an alle Medienhäuser in Österreich und Deutschland, ihre freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser gegen Bedrohungen zu schützen.

Wenn ihr das Manifest auch unterzeichnen wollt, meldet euch unter manifest [at] freischreiber.de mit Namen & Berufsbezeichnung.

Manifest der Freien

Journalist*innen sind zunehmend Hass und Bedrohungen ausgeliefert. Wir freien Journalist*innen erheben unsere Stimme gegen den überbordenden Hass. Freier Journalismus ist das Rückgrat des Journalismus der Sender, Zeitungen und Magazine. Freie Journalist*innen brauchen die Solidarität, Loyalität und den Schutz ihrer Auftraggeber*innen mehr denn je. Doch stattdessen werden die Spannungen zwischen Festen und Freien, zwischen Medienhäusern und Auftragnehmer*innen stärker, wenn der Mob auftaucht, Trolle und Hater uns attackieren.

 

1. Verleiht uns Elefantenhaut.

Freisein ist wunderschön. Und manchmal sehr einsam. Viele von uns arbeiten vom heimischen Schreibtisch aus. Unser Smartphone ist fast immer an. Damit landet jede Drohung, jeder gehässige Kommentar, jede Beleidigung auf unseren Küchentischen, in unseren Kinderzimmern, in unseren Betten. Uns fehlt die schützende Haut der Redaktion. Zeigt euch verbunden. Verleiht uns Freien Elefantenhaut!

2. Trefft klare Absprachen.

Wir sind nie “nur privat” da. Wir stehen für eure Medienmarke in den Socials. Da draußen werden wir für eure Marke angefeindet. Wir halten den Kopf hin. Und sammeln Beleidigungen, Beschimpfungen, Morddrohungen ein. Und manchmal auch das Lob. Wo dürfen wir all das abgeben? Wir erwarten klare Absprachen für Art und Umfang unserer Zusammenarbeit über den einzelnen Beitrag hinaus.

3. Wir fordern eure Solidarität ohne Einschränkungen.

Verteidigt die Medienfreiheit, statt einzuknicken, ihr festen und freien Kolleg*innen, Ressortleiter*innen, Chefredakteur*innen und Intendant*innen. Und ihr, liebe Unternehmens-Jurist*innen, sorgt dafür, dass auch wir rechtlich abgesichert sind: Freie Journalist*innen brauchen denselben Schutz durch Auftraggeber*innen wie Feste.

4. Bezahlt uns für die Verteidigung der Meinungsfreiheit.

Manchmal genügt dem Troll ein Gendersternchen. Mal sind wir am falschen Ort. Oder haben die falsche Meinung, das falsche Geschlecht oder die falsche Herkunft. Oft kommt der Hass willkürlich. Er ist meist organisiert, und die Trolle und Hater haben wenig zu befürchten. Das muss sich ändern. Was im wirklichen Leben Folgen hat, darf auch im Netz nicht ungeahndet bleiben. Dafür müssen wir gemeinsam kämpfen. Die Zeit, in der wir Freien unseren Journalismus gegen seine Gegner verteidigen, muss honoriert werden. Auch finanziell.

5. Gebt uns den Beistand eurer Social-Media-Expert*innen.

Wir sind nicht eure kostenlosen Leser*innenredaktionen. Sorgentelefone. Social-Media-Swat-Teams. Dafür sollten Medienhäuser gut ausgebildete Profis haben. Denen wir gern zurufen möchten: Bitte übernehmen! (Wenn ihr keine habt: Schafft euch welche an.) Und, ihr Medienhäuser, stellt einen Aktionsplan gegen den Hass auf: mit Tricks, Infos und Notfallnummern für Feste und uns Freie.

6. Vertraut uns!

Social Media ist kein Spiel mehr. Wir sind nicht auf jeden Tweet stolz, nicht auf jede Freundschaft auf Facebook oder jedes Sel- fie auf Instagram. Fehler entstehen durch steigenden Zeitdruck.Qualität braucht Zeit und gute Bezahlung. Wir hören auf, unsere eigenen Versäumnisse unter den Teppich zu kehren. Wir brauchen dringend eine neue Fehlerkultur, wenn das Geschäft immer schneller wird. Wenn uns Fehler unterlaufen, wollen wir transparent damit umgehen. Und wenn es so weit ist: Glaubt uns! Und zwar öffentlich, nicht nur unter vier Augen!

7. Wir brauchen Arbeitsschutz. Als Schutz vor dem Mob.

Viele von uns sind Drohungen aus dem Netz schutzlos ausgeliefert. Dabei ist der Mob nicht sonderlich kreativ, die Angriffe gleichen sich, folgen bestimmten Mustern. Wenn jede*r Lagerarbeiter*in lernen muss, wie sie schwere Lasten korrekt hebt, dann müssen wir Freie uns in Arbeitsschutzseminaren für Social Media rüsten. Wenn der Mob vor der Tür steht, brauchen wir von Auftraggeber*innen keine erbaulichen Worte, sondern Geld für ein dickeres Schloss.

8. Schickt uns euren juristischen Beistand.

Wir sind Journalist*innen. Um uns gegen Drohungen und Anfeindungen zu wehren, brauchen wir Unterstützung und juristischen Beistand. Schickt uns eure Anwälte oder kalkuliert Anwalts-Pauschalen für den Fall der Fälle ein. Drohungen dürfen nicht unbescholten stehen bleiben, nur weil uns die Mittel fehlen.

9. Plattformen, stellt euch eurer Verantwortung.

Und auch ihr neuen Medienhäuser, ihr Facebooks, Twitters, Googles, ihr Tik-toks, Instagrams und Youtubes: Wir sorgen für Leben in eurer Klickbude. Wir posten aus Untersuchungsausschüssen und Regenwäldern, berichten mitten aus rechten Aufmärschen und auch live übers Dschungelcamp. Wir tragen bei euch Debatten über Steuern, Feminismus und Migration aus, setzen Trends und uploaden auch mal unsere Katzen auf der Jagd. Gegen den Hass brauchen wir eure sofortige, eindeutige und unkomplizierte Hilfe. Von verlässlichen Ansprechpartner*innen. Von echten Menschen. Diese Verantwortung lässt sich nicht auf Dienstleister*innen abwälzen.

10. Zeigt eure Courage.

Wir sind freie Journalist*innen geworden, weil wir diesen Beruf lieben. Wir wollen für ihn aber nicht durch die Hölle gehen, wenn uns der Hass trifft. Stellt euch vor uns, eindeutig und unmissverständlich.“