10 Dinge, die Berufs-Einsteiger und Einsteigerinnen wissen sollten

Schülerzeitung gegründet, an der FH Journalismus studiert, zusätzlich ein Master-Degree in der Tasche, einen eigenen Blog und ein Praktikum bei einer Qualitätszeitung gemacht. Hier steht was man außerdem wissen muss, aber vorher nie gesagt bekommt. Ironiewarnung, aber mit wahrem Kern.

1. Mind the gap: Journalismus ist ein freier Beruf. Meist fängt man als Einpersonenunternehmen im Wohnzimmer mit dem eigenen Computer an. Die Konkurrenz ist groß, die Qualitätsstandards sind hoch und berufsethisches Verhalten obligat. Wenn es aber Probleme gibt oder Rechtsstreitigkeiten oder man krank wird, ist keiner zuständig. Hier klafft ein Loch, in das man fallen kann.

2. Schreiben ist ein schönes Hobby: Erfolgreich veräußerte Unternehmensanteile, klug verwaltete Erbschaften oder reiche Eltern helfen in der Startphase, die sehr lange dauern kann. Oder einfach den Traum- mit ein bis mehreren Brotjobs quer subventionieren. Interessanterweise würde von einem begeisterten Arzt niemand eine Gratisuntersuchung verlangen. Bei Menschen, die gerne schreiben, ist „für lau“ ein häufiges Angebot. Gerne gekoppelt mit einem zusätzlich gelieferten Foto für einen Blödel, unbeschränkten Nutzungsrechten für kein Geld und als Draufgabe wird das Ergebnis beliebig gekürzt, endlos geschoben oder verschlimmbessert.

3. Der Fuß in der Tür kann zum Klotz am Bein werden: So groß die Euphorie und Dankbarkeit auch ist, dass endlich ein Artikel im Wunschmedium abgedruckt wurde bitte zielsicher in eine vernünftige Honorarklasse hineinschreiben, immer nachfragen, nicht mit einem Nasenrammel abspeisen lassen. Nach Zeichen oder Zeilen entlohnt zu werden, ist zu wenig zum Leben und zuviel zum Sterben.

4. Jobprofil: Sie sind exzellente Schreibkraft, Netzwerkerin, Personalentwickler, webaffin und Social Media Junkie, Musenküsser, Marketing- und Sozialversicherungsprofi, Rechtsexpertin, (Medien-, Arbeits- Handelsrecht), Inkassoservice, Steuergenie, Akquise-Rampensau.

5. Raus aus der Isolation: Viele Probleme treffen EPU unabhängig von der Branche etwa AGB, Mahnschreiben oder Verzugszinsen. Nicht nur einen selbst, weil man besonders dämlich ist. Neben der Selbsthilfegruppe im Gemeinschaftsgruppe gibt es Facebook-Communitys und die Interessensvertretung Freischreiber in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

6. Wisse über Dich Bescheid und schätze Dich realistisch ein. Was kannst Du richtig gut? Hast Du ein fachliches, räumliches oder genremäßiges Spezialgebiet? Wie, wann und mit welchen Vorgaben arbeitest Du am besten? Wie verläuft Dein Biorhythmus? Welche Verpflichtungen und Fixkosten hast Du? Brauchst Du auch mal Urlaub? Bedenke: Niemand stellt sich in Deine Schuhe. Niemand will wissen, was der Auftrag für Dich bedeutet oder welche Schwierigkeiten es mit sich bringt, ihn fertig zu kriegen. Ob Dein Konto gerade im Minus ist oder die Kinder krank: Es zählt das Ergebnis.

7. Houston, wir haben ein Problem: Wenn Deine Geschichte keine uneingeschränkte Zustimmung findet bloß nicht rechtfertigen. Das ist ein Hamsterrad. Der Kritiker ist der erste Leser und deswegen ist seine Meinung wichtig und auf der Sachebene ernst zu nehmen.

8. Sehen-telefonieren-schreiben: So ist die Rangabfolge, wenn es um Geschichten geht. Das gilt ab Vorschlag bis Abnahme. Wer nur E-Mails schreibt muss damit rechnen, dass irgendwann etwas falsch verstanden wird und ab dann aus einer Mücke schnell ein Elefant wird. Ausnahme: Termin, Umfang, Thema und Bezahlung immer schriftlich absegnen lassen.

9. Vermeide Harakiri: Auch wenn am Anfang das Gefühl übermächtig ist jeden Auftrag annehmen zu müssen. Schaffe Reserven für Unvorhergesehenes, das ganz alltäglich ist: Terminprobleme, Verzögerungen, Korrekturen, SVA-Abgaben, Interviewabsagen, krank sein, Auto, Therme oder Handy kaputt,... Die Deutsche Freienbibel empfiehlt ein „LmaA“-Konto, damit man nicht jeden miesen Auftrag annehmen muss.

10. Die Dosis macht das Gift: Es geht immer um Zeit, Geld und Herzblut. Wer sehr viel Herzblut für eine Geschichte spendet, kann mit Blutarmut enden. Auch Burn-Out ist nicht selten in der Branche. Also: Vielfältiges Netz knüpfen, Vertrauensperson für fachliche Fragen suchen, genaues Briefing verlangen, nicht zuviel für zu wenig Geld aufhalsen.

Autorin: Astrid Kuffner